Stadtrat kritisiert Antrag von Bürgermeister Dickl zur Ausweitung des Alkoholverbots
Symbolpolitik statt wirksamer Maßnahmen
Mit scharfer Kritik reagiert Stadtrat Prof. Dr. Holm Putzke auf den jüngsten Antrag des 3. Bürgermeisters Armin Dickl zur Ausweitung des Alkoholverbots auf die Bahnhofstraße und den Europaplatz. Die vorgeschlagene Maßnahme mag auf den ersten Blick als konsequentes Handeln erscheinen, entbehrt jedoch bei genauerer Betrachtung jeglicher nachhaltiger Wirkung und kriminalpolitischer Weitsicht.
„Ein Alkoholverbot löst keine sozialen Probleme – es verlagert sie nur“, erklärt der Stadtrat. Schon der Verlauf der letzten fünf Jahre zeigt deutlich: Seit Einführung des Alkoholverbots am ZOB ist kein Rückgang der Problemlagen festzustellen – im Gegenteil, sie haben sich allenfalls räumlich verschoben. Dies nun als Argument für eine flächendeckende Ausweitung zu verwenden, offenbart ein fatales Verständnis von Ursachenbekämpfung und offenbart fehlende Fachkompetenz.
Zahlreiche Studien belegen, dass repressive Maßnahmen wie Alkoholverbote allenfalls kurzfristige Effekte erzielen – langfristig aber zu einer Ausgrenzung und weiteren Stigmatisierung vulnerabler Gruppen führen. Gerade suchtkranke oder obdachlose Menschen werden durch solche Maßnahmen aus dem öffentlichen Raum gedrängt, ohne dass ihnen Perspektiven geboten werden. Die soziale Frage wird somit in ein ordnungspolitisches Problem umgedeutet.
„Wer Alkoholkonsum im öffentlichen Raum verbietet, ohne gleichzeitig niedrigschwellige Hilfsangebote massiv auszubauen, betreibt nichts anderes als soziale Verdrängungspolitik“, so der Stadtrat weiter. Ein Alkoholverbot an Haltestellen verhindert keinen Konsum, sondern verschiebt ihn lediglich in dunkle Ecken – und damit auch das Risiko von Gewalt, Isolation und sozialer Unsichtbarkeit. Es besteht zudem die Gefahr, dass bestimmte Personengruppen – insbesondere Menschen mit sichtbaren Armutserfahrungen – selektiv ins Visier genommen werden. Eine solche Praxis birgt ein erhebliches Diskriminierungspotenzial und gefährdet das Vertrauen in eine soziale und gerechte Stadtpolitik.
Statt Symbolpolitik durch Verbote zu betreiben, braucht es den konsequenten Ausbau von Sozialarbeit, Prävention und betreuten Aufenthaltsräumen. Streetwork und Suchthilfe sind nachweislich deutlich effektiver im Umgang mit suchtkranken und sozial benachteiligten Menschen. Dass Dickl das jetzt fordert, offenbart eklatante Versäumnisse der Vergangenheit. Dickl lässt sich hier nichts Neues einfallen, sondern greift zurück auf den Inhalt eines Sicherheitspakets, das Prof. Dr. Holm Putzke und Georg Steiner schon vor einiger Zeit vorgelegt hatten. „Wer zur Gestaltungsmehrheit gehört, aber als 3. Bürgermeister in den vergangenen 5 Jahren nichts auf die Beine gestellt hat, ist kein Macher, sondern ein gescheiterter Ankündiger“, so Putzke.
Der Stadtrat fordert deshalb eine umfassende Debatte im Stadtrat über eine echte sozialpolitische Strategie – statt scheibchenweiser Verschärfung repressiver Maßnahmen. „Wer wirklich helfen will, muss Ursachen bekämpfen – nicht Symptome verbannen.“